Begriff: Funkärztliche Beratung

Funkärztliche Beratung, die (radio medical advice / medical advice)

Seit Einführung von GMDSS ging weltweit die Anzahl der Küstenfunkstellen (=KüFuSt) und damit die Vermittlung von Seefunkgesprächen zurück. Dennoch gibt es nach wie vor viele KüFuSt, die rund um die Uhr eine funkärztliche Beratung für die Schifffahrt aufrecht erhalten. Über Funkfernschreiben oder Telefongespräch via Seefunk haben die Seefunkstellen (=SeeFuSt) die Möglichkeit, medizinisches Fachpersonal an Land zu erreichen, um Ratschläge für die Behandlung von verletzten bzw. erkrankten Besatzungsmitgliedern zu erhalten.

Ausländische KüFuSt werden meist mit Radiomedical oder mit Medical (und dann der geografische Ort der KüFuSt) gerufen. Die funkärztliche Beratung erfolgt dann per Funkfernschreiben oder per Telefongespräch in englischer Sprache (im deutschen Küstenbereich für Schiffe unter deutscher Flagge bzw. deutsche Besatzungen auch in deutsch). Diese Seefunkgespräche sind grundsätzlich gebührenfrei. Die KüFuSt vermitteln diese Medico-Gespräche vorrangig.

In besonders akuten Fällen darf das Dringlichkeitszeichen PAN PAN – PAN PAN – PAN PAN solchen Rufen voran gestellt werden.

Vor Aufbau eines Medico-Gespräches muss kurz und prägnant ein Krankenheitsbild von der verletzten bzw. erkrankten Person erstellt werden. Hierfür gibt es ein entsprechendes Formular (in englischer und deutscher Sprache), welches von German telemedical maritime assistance service (=TMAS Germany) zur Verfügung gestellt wird. Es muss der erkrankten Person beim Transport mitgegeben werden. Hierin sind Angaben wie folgt aufzulisten

– Schiffsname, Callsign (=Rufzeichen), MMSI, Reederei, Port of destination (=Zielhafen), derzeitige Position, ETA
– Name, Geschlecht und Alter des Patienten, Nationalität und Stellung an Bord
– Syntome (sichtbare oder vom Patienten geäußerte)
– Zeitpunkt des Unfalls bzw. Ausbruch der Erkrankung
– Atmung, Pulsschlag, Körpertemperatur, Blutdruck, allgemeiner Zustand des Patienten
– wann letzter Besuch der Tropen (wegen ev. Tropenkrankheit)
– Angaben zu Unfall oder Erkrankung, ev. Krankenvorgeschichte, regelmäßig eingenommene Medikamente, Allergien, Drogen
– sonstige Informationen über den Patienten, chronische Krankheiten, Hauptbeschwerden, Schmerzen
– Verdachtsdiagnose an Bord, bisherige Maßnahmen an Bord
– zur Verfügung stehende, ev. schon verabreichte Arzneimittel

Im deutschen Küstenraum vermittelt DELTA PAPA 07 – Seefunk (=DP07) diese Medico-Gespräche an Bremen rescue oder an TMAS Germany

Anschrift
German telemedical maritime assistance service
TMAS Germany – Medico Cuxhaven
Notruftelefon +49 (0) 4721 78-0 (24 Stunden)
Notruftelefax +49 (0) 4721 78-1520
E-Mail medico@tmas-germany.de

MRCC Bremen der DGzRS Tel. +49 (0) 421 53 707 300

SeeFuSt können, falls sie nicht über eine KüFuSt rufen, auch direkt Kontakt mit dem Stadtkrankenhaus Cuxhaven (Telefonnummer siehe oben) aufnehmen.

siehe auch DGzRS, Bremen rescue, MRCC, DP07

Geschichtliche Entwicklung

Die funkärztliche Beratung von Seeleuten wird, mit kurzer Unterbrechung während des 2. Weltkrieges, seit 1931 vom Stadtkrankenhaus Cuxhaven durchgeführt. Fast 70 Jahre, bis 1997, war dies noch weit gehend eine ehrenamtliche Tätigkeit der Ärzte des Stadtkrankenhauses Cuxhaven (seit 1960 etwa 42.000 funkärztliche Beratungsfälle). Seit dieser Zeit besteht bis heute eine sehr enge Zusammenarbeit der Cuxhavener Funkärzte mit der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) in Bremen. So beraten die Ärzte von Medico Cuxhaven die DGzRS z.B. auch bezüglich der medizinischen Ausrüstung ihrer Schiffe und die Seenotrettungskreuzer der DGzRS sind schon seit den 70-iger Jahren mittels Tele-EKG im Notfall jederzeit direkt an Medico Cuxhaven angebunden. 1994 ratifiziert die Bundesrepublik Deutschland den Erlass 164 der IMO/ILO (International Maritime Organisation und International Labour Organisation) von 1987. Dieser Erlass schreibt unter anderem jeder Nation vor, einen qualifizierten medizinischen funkärztlichen Beratungsdienst für Seeleute vorzuhalten. Diese Forderung verwirklichte die Bundesrepublik 1997 durch einen Vertrag mit dem Stadtkrankenhaus Cuxhaven und der Stadt Cuxhaven. Die Wahl der Bezeichnung TMAS (Telemedical Maritime Assistance Service) für derartige nationale Beratungszentren beinhaltet bereits die Forderung der IMO/ILO sicherzustellen, dass die Versorgung von Patienten auf See dem Standard an Land anzugleichen ist (z.B. sog. Facharztstandard bei der funkärztlichen Beratung).

Organisation und Ablauf der funkärztlichen Beratung

Hauptverantwortlich für die Organisation und Durchführung der funkärztlichen Beratung ist die Klinik für Anaesthesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Stadtkrankenhaus Cuxhaven, jeweils in sehr enger Zusammenarbeit mit den anderen medizinischen Fachabteilungen des Krankenhauses (Innere Medizin, Chirurgie, Urologie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Gynäkologie & Geburtshilfe, Pädiatrie, u.a.). Die TMAS Zentrale selbst befindet sich direkt auf der interdisziplinären Intensivstation des Stadtkrankenhauses. Auf diese Weise ist eine ständige Präsenz notfall- und intensivmedizinisch versierter Ärzte für eine sofortige funkärztliche Beratung garantiert. Für den Erstkontakt mit einem Hilfe suchenden Schiff steht immer ein in der Anästhesiologie, Notfall- und Intensivmedizin sowie in der maritimen Medizin besonders erfahrener Notarzt zur medizinischen und nautischen Ersteinschätzung der Situation sowie zur ad hoc Beratung bei lebensbedrohlichen Notfallsituationen zur Verfügung. Dieser Arzt wird dann während der weiteren funkärztlichen Beratung, sofern notwendig, einen Arzt der jeweils benötigten spezifischen Fachrichtung (z.B. Kardiologe bei Verdacht auf Herzinfarkt) zuziehen sowie gegebenenfalls direkt in Zusammenarbeit mit dem MRCC (Martime Rescue Coordination Center) Bremen oder anderer zuständiger MRCC´s Rettungsmaßnahmen einleiten und abstimmen.
Zuständigkeit und Aufgaben des nationalen Deutschen TMAS Zentrums Medico Cuxhaven
Sicherstellung einer weltweiten notfallmedizinischen Hotline zur direkten und sofortigen funkärztlichen Beratung durch in der maritimen Medizin besonders erfahrene Fachärzte im 24 h – Betrieb für
Alle deutschen Handelschiffe weltweit
Deutsche Seeleute an Bord ausländischer Schiffe und
Auf Nachfrage von MRCC Bremen und offizieller MRCC´s bzw. TMAS Zentren anderer Nationen
Angebotene zusätzliche Leistungen
Bearbeitung von Evakuierungsmaßnahmen im Notfall
Repatriierungs- und medizinisch-/ärztlicher Begleitservice
Allgemeiner medizinischer Beratungsservice & Terminorganisation zur Arztkonsultation im Auslandshafen
Weltweite Gesundheits-, Impf- und Reisemedizinische Beratung
Individuelle Notfallmedizinische Kurse für Laien sowie Medizinlehrgänge für nautische Offiziere (nach STCW).
Welche Maßnahmen können die funkärztliche Beratung im konkreten Fall verbessern und unterstützen

Da die Beratungserfolge ganz wesentlich von einer ausreichenden Untersuchung des Patienten an Bord abhängen, ist es günstig, vor einem funkärztlichen Gespräch die Vorgeschichte (Anamnese) festzuhalten und den Erkrankten so gut wie möglich zu untersuchen. Hierfür sollte an Bord z.B. der zweisprachige Untersuchungsbogen der See-BG vorliegen. Wird dieser Bogen dann vor einem Medico-Gespräch gefaxt kann dies eine Hilfe bei der Befunderhebung darstellen und zur Verbesserung der Diagnosefindung betragen. Steht in Notfällen keine ausreichende Zeit zum Ausfüllen des Fragebogens zur Verfügung, bietet Medico Cuxhaven einen Notfalluntersuchungsbogen an, der für einen schnellen Überblick die ganz besonders wichtigen Untersuchungsgänge beinhaltet (Dieser Bogen kann bei Medico Cuxhaven angefordert, bzw. über Internet herunter geladen werden). Eine Digitalkamera an Bord sowie die technischen Voraussetzungen zur Übermittlung von Digitalfotos kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen und Verletzungen zusätzlich sehr hilfreich sein und wird heutzutage regelmäßig genutzt.

Nutzung des Funkärztlichen Dienstes in Notfällen durch Personen außerhalb der Berufsschifffahrt

Prinzipiell ist eine Nutzung der offiziellen deutschen funkärztlichen Beratungsstelle Medico Cuxhaven auch durch nicht-professionelle Seefahrer besonders bei medizinischen Notfällen möglich und sinnvoll. Die tägliche weltweite Routine und über 70-jährige Erfahrung im Umgang mit medizinischen Problemstellungen in See sowie die direkte Zusammenarbeit mit TMAS Zentren und MRCC´s anderer Nationen kann auch Personen außerhalb der Berufsschifffahrt eine schnellstmögliche Abklärung möglicher Optionen zur Hilfeleistung bieten und ermöglicht zugleich die Mitnutzung bestehender professioneller funkärztliche Beratungsstrukturen. In diesen Fällen anfallende Kosten einer Inanspruchnahme werden gegebenenfalls in Rechnung gestellt, sofern diese nicht von entsprechenden Organisationen (z.B. Trans-Ocean e.V.) für Mitglieder übernommen werden.